Das darf man getrost eine Sensation nennen: Nach zwölf Jahren erscheint im Juni das neue Album „Closure/Continuation“ von Porcupine Tree. Bereits jetzt ist der erste Track auf allen wesentlichen Streamingplattformen abrufbar. „Harridan“ macht den Wiedereinstieg in die Welt und den Sound der Briten leicht. Der achtminütige Trip fasst vieles zusammen, was Porcupine Tree und ihre alle Grenzen überschreitende Musik ausmacht – aber natürlich längst nicht alles. Denn wie sollte der übergroße Ideenreichtum von Gitarrist und Sänger Steven Wilson, Keyboarder Richard Barbieri und Drummer Gavin Harrison in nur einem Stück zur vollen Entfaltung kommen? 1987 zunächst als Solo-Seitenprojekt von Wilson gegründet, gilt die Band seit den frühen 90ern als eines der einflussreichsten und kreativsten Projekte. Album für Album – insgesamt sind es bislang zehn – erforschte sie eine ungeheure Klangwelt. Nur einigermaßen hilflos als Prog-Rock definiert, lässt sich das Werk gar nicht in eine Genre-Bezeichnung pressen. Porcupine Tree haben mit psychedelischem Rock ebenso experimentiert wie mit elektronischen Soundscapes, mit experimentellem Pop wie mit klassischen oder Metal-Einflüssen. Auf ihren späteren Platten haben sie all das ganz mühelos und homogen miteinander kombiniert und ein musikalisches Universum um sich herum erschaffen. Wer jetzt denkt, es handelt sich bei „Closure/Continuation“ um einen Neuanfang oder eine Reunion, täuscht sich. Die Jungs haben seit 2010 an der Platte gearbeitet. Es gab da immer eine stetig größer werdende Datei auf dem Rechner mit dem Namen PT2012 (später dann in PT 2015 und in PT2018 usw. umbenannt). Hin und wieder wurde sie vergessen – schließlich hat schon Wilson allein als Solokünstler, Multiinstrumentalist, Komponist, Arrangeur, Texter, Produzent, Remixer, Restaurator und Label-Betreiber genug zu tun. Dann wieder nagte sie an den beteiligten Musikern und forderte sie auf, weiterzumachen und zu schauen, wohin das Ganze wohl führt. Denn schon früh stellte sich heraus: Das, was da entstand, war nicht mit den anderen Arbeiten der einzelnen Mitglieder vergleichbar. Dieses Material war pur, unmissverständlich, unbestreitbar und unverfälscht Porcupine Tree – die kombinierte musikalische DNA der Menschen, die hinter diesem Sound und dieser Kunst stecken. Das klingt schon in „Harridan“ auf, und wie viel mehr in den Stücken, auf die wir uns jetzt schon freuen dürfen. Natürlich kommen Porcupine Tree mit dem neuen Material auf Tour, denn auf der Bühne beginnt die Musik zu blühen, weiter zu wuchern und in neuen Farben zu scheinen. Im Herbst gehen die Briten auf eine ausgedehnte Europareise und kommen für drei Konzerte nach Deutschland.